GenoCrowd - Interview mit Achim Brunner

Plattformökonomie im Jahr 2022 –

Achim Brunner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Hochtaunus eG, über die Gründung von Plattformen im eigenen Ökosystem.

Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung erfreuen sich digitale Geschäftsmodelle immer größerer Beliebtheit in Deutschland. Plattformen jeglicher Art, sei es zur Finanzierung von sozialen Projekten oder aber zur Realisierung von Immobilienobjekten, erobern den deutschen Markt und bereichern mit ihrer einfachen Handhabung die Businesswelt. Dabei spielt die Branche nur eine untergeordnete Rolle, denn die Grundidee des Plattformgeschäfts lässt sich beliebig adaptieren. Betrachtet man einmal den Bankensektor im Speziellen stellt man jedoch schnell fest: Dort ist der Trend Platformification noch nicht flächendeckend angekommen. Woran das liegen mag? Achim Brunner erörtert diese Fragestellung im nachfolgenden Interview. Zudem gibt er Antworten auf die Frage, welche Überlegungen es anzustellen gilt, bevor eine Plattform gegründet und in Betrieb genommen wird.

GenoCrowd - Achim Brunner, Vorstandsvorsitzender Raiffeisenbank im Hochtaunus eG
Achim Brunner, Vorstandsvorsitzender Raiffeisenbank im Hochtaunus eG

Achim Brunner im Porträt

Achim Brunner, seit 2008 Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Hochtaunus eG, hat das hessische Geldinstitut in den letzten Jahren maßgeblich geprägt. Mit seiner weitreichenden Immobilienexpertise und seinem Gespür für Trends ist er stets am Puls der Zeit. So ist auch ihm die Gründung der Crowdinvesting-Plattform GenoCrowd zu verdanken.

Lesen Sie jetzt das komplette Interview.

Wann ist der Leitgedanke, dass die Bank ihr Geschäftsmodell an der Plattformökonomie ausrichten muss, bei Ihnen erstmals aufgekommen?

Brunner: Aufgrund von Marktbeobachtungen in der Finanzwelt und der zunehmenden Verschiebung von Produkt- und Serviceangebot in den digitalen Kosmos, initiierten wir die Gründung der GENOPORT Kreditmanagement GmbH  – einer Plattform zum Arrangieren von Bankpartnern sowie Strukturieren und Vermitteln von gewerblichen Immobilien. Mit der Gründung dieser Tochterfirma im Jahr 2018 erweiterten wir unser Portfolio und deckten fortan die gewerbliche Immobilienfinanzierung auf Plattformbasis ab. GENOPORT arbeitet bundesweit mit Bauträgern, Projektentwicklern, Investoren und Genossenschaftsbanken zusammen. Finanzierungsanliegen werden ab dem Erstgespräch begleitet und zusammen mit Bankpartnern aus der Genossenschaftlichen FinanzGruppe zielgerichtet und schnell umgesetzt.

Es folgte im Jahr 2020 die Gründung der GenoCrowd GmbH, bei der wir als Kooperationspartner und Gründungsinitiator fungieren. Das Unternehmen stellt eine Immobilien-Crowdinvesting-Plattform zur Verfügung, auf der Privatanleger schon ab 250 Euro in exklusive und von uns geprüfte Immobilienobjekte investieren können. Somit haben wir eine moderne und digitale Möglichkeit der Geldanlage geschaffen, die kurze Laufzeiten und attraktive Renditen im Vergleich zum klassischen Geldanlagegeschäft bereitstellt.

Aufgrund unserer weitreichenden Erfahrungen in puncto Platformification gründeten wir im Dezember 2021 mit anderen Unternehmen aus der Genossenschaftlichen FinanzGruppe die Beteiligungsgesellschaft VAD Beteiligungen GmbH. Mit dieser Gründung war es für uns möglich, das Kreditportal FinCompare – eine führende digitale Plattform für die Finanzierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen – zu erwerben.

Wann haben Sie strategische Überlegungen dazu das erste Mal konkret angestellt? Von wem ging die Initiative aus?

Brunner: Mit der Veränderung auf dem Finanzmarkt, hat auch unsere Bank in den letzten Jahren eine stetige Transformation durchlebt. Dieser Prozess wird seit der Einführung einer eigenen Marke – „Meine Bank“ im Jahr 2018 – noch stärker gelebt.

Als Vorstandsvorsitzender habe ich, wie auch das gesamte Meine Bank-Team, in den letzten Jahren Wachstumschancen erkannt und Cross-Selling-Potenziale identifiziert, um den Finanz- und Immobilienmarkt als genossenschaftliches Institut auch überregional abzudecken und der Ansprechpartner der Wahl vieler Projektentwickler zu werden.

Die gegründeten Plattformmodelle bereichern unsere bestehenden Säulen – Investoren-Projektfinanzierung (IPF), Onlinebank und Filialbank – und bauen diese aus, sodass Meine Bank inzwischen über ein gut funktionierendes und zukunftsfähiges Ökosystem verfügt, das alle Bereiche rund um Immobilien und modernes Banking abdeckt.

Welche Rollen übernehmen dabei die Raiffeisenbank im Hochtaunus eG und portagon GmbH?

Brunner: Der Betreiber der Plattform GenoCrowd.de ist die GenoCrowd GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der portagon GmbH. Sowohl bei der GenoCrowd GmbH als auch der portagon GmbH handelt es sich um von der Raiffeisenbank im Hochtaunus eG unabhängige Gesellschaften. Somit hat GenoCrowd sehr starke und innovative Partner an ihrer Seite. Die Raiffeisenbank im Hochtaunus eG als Immobilienspezialist prüft und empfiehlt Projekte an GenoCrowd, wodurch die Qualität und Exklusivität der Projekte sichergestellt wird. Darüber hinaus stellen wir allein oder in einem Konsortium das Fremdkapital für eine Finanzierung zur Verfügung. Portagon unterstützt die GenoCrowd durch die Bereitstellung der technischen Infrastruktur und kaufmännischer Dienstleistungen. Des Weiteren betreibt das Unternehmen die Plattform GenoCrowd in der GenoCrowd GmbH.

„Eine der Kernkompetenzen unserer Bank ist die Investoren- und Projektfinanzierung,“ erläutert Achim Brunner. „Plattformen wie die GenoCrowd, bei der wir als Gründungsinitiator und Kooperationspartner fungieren, bereichern unser Ökosystem Bank daher ungemein.“

Woran hapert es Ihrer Ansicht nach, dass der deutsche Bankensektor dieses Modell noch nicht so stark umgesetzt hat, verglichen mit anderen Ländern oder Branchen?

Brunner: Viele Banken leben noch das klassische Geschäftsmodell und haben nicht den Mut, dieses teilweise veraltete Modell hinter sich zu lassen und die Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells auf den Prüfstand zu stellen.

Zudem ist die Entscheidung für das Plattformgeschäft mit grundsätzlichen Neuerungen verbunden, einem Umdenken und der Anpassung bestehender Prozesse. Des Weiteren bedarf es einer guten Grundlage, um ein solches Modell langfristig zu betreiben: Sowohl im Hinblick auf Kapazitäten in der Belegschaft als auch einem stabilen und zukunftsweisenden Geschäftsmodell der initiierenden Bank. Das Plattformgeschäft ermöglicht es uns, dynamisch auf das jeweils aktuelle Geschehen am Markt zu reagieren. Worauf also warten?

Wir können jeder Bank nur dazu raten, sorgfältig die Vielzahl an strategischen Entscheidungen zu treffen, Ziele zu formulieren und den Schritt in die Plattform-Ökonomie zu wagen.

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